Die Bundesregierung hat das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan faktisch gestoppt. Seit Mai 2025 sind keine Einreisen mehr möglich, obwohl Tausende Afghanen noch auf ihre Aufnahmezusagen warten. Die neue schwarz-rote Koalition will freiwillige Aufnahmeprogramme komplett beenden.
Das im Oktober 2022 gestartete Programm sollte besonders gefährdeten Afghanen und ehemaligen Ortskräften der Bundeswehr Schutz in Deutschland bieten. Doch zwischen politischem Anspruch und Realität klafft eine erhebliche Lücke.
Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan: Die aktuellen Zahlen
Seit Programmstart sind über 35.500 Menschen nach Deutschland eingereist. Davon kamen mehr als 20.600 als Ortskräfte und rund 14.900 als besonders Gefährdete. Insgesamt hat die Bundesregierung etwa 48.000 Aufnahmezusagen erteilt.
| Kategorie | Anzahl | Status |
|---|---|---|
| Ortskräfte eingereist | 20.600+ | In Deutschland |
| Besonders Gefährdete | 14.900+ | In Deutschland |
| Aufnahmezusagen gesamt | ~48.000 | Erteilt |
| Wartende mit Zusage | ~12.500 | Einreise unklar |
Die letzte Erteilung von Aufnahmezusagen erfolgte im Juli 2024. Seitdem bearbeitet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine neuen Anträge mehr.
Charterflüge aus Pakistan: Erste Erfolge im Dezember 2024
Im Dezember 2024 landete erstmals ein Charterflug mit 192 Afghanen aus Islamabad in Erfurt. Diese Flüge sollen die Einreise von Menschen beschleunigen, die bereits eine Aufnahmezusage besitzen und in Pakistan auf ihre Weiterreise warten.
Weitere Charterflüge waren für Februar und März 2025 geplant. Doch die neue Bundesregierung hat diese Pläne auf Eis gelegt. Für die Betroffenen in Pakistan läuft die Zeit: Ihre temporären Visa laufen am 31. März 2025 aus. Danach droht ihnen die Abschiebung zurück nach Afghanistan.
Warum stoppt die Bundesregierung das Programm?
Die schwarz-rote Koalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz hat angekündigt, alle freiwilligen Aufnahmeprogramme zu beenden. Diese Entscheidung betrifft nicht nur das Afghanistan-Programm, sondern auch ähnliche Initiativen für andere Krisenregionen.
Als Gründe werden genannt:
- Hohe Kosten von mehreren hundert Millionen Euro
- Belastung der Kommunen durch Unterbringung und Integration
- Politischer Kurswechsel in der Migrationspolitik
Das Auswärtige Amt hatte für 2024 noch rund 600 Millionen Euro humanitäre Hilfe für Afghanistan bereitgestellt. Diese Mittel stehen ebenfalls zur Disposition.
Kritik von Hilfsorganisationen
26 Nichtregierungsorganisationen haben im Dezember 2024 einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung gerichtet. Sie fordern die Fortsetzung des Aufnahmeprogramms und die zügige Bearbeitung offener Fälle.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die schleppende Umsetzung: Von 3.071 erteilten Aufnahmezusagen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms wurden bis Februar 2025 nur 1.262 tatsächlich umgesetzt. Das entspricht einer Quote von rund 41 Prozent.
Organisationen wie Amnesty International und die Kabul-Luftbrücke kritisieren massive Verzögerungen bei der deutschen Botschaft in Islamabad und beim BAMF. Menschen, die für Deutschland gearbeitet haben, würden im Stich gelassen.
Auswirkungen auf ehemalige Bundeswehr-Ortskräfte
Besonders brisant ist die Situation für ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr. Diese Menschen haben als Dolmetscher, Fahrer oder in anderen Funktionen für deutsche Institutionen in Afghanistan gearbeitet. Nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 sind sie und ihre Familien akut gefährdet.
Die Integration der bereits eingereisten Ortskräfte verläuft unterschiedlich. Viele finden Arbeit, etwa im wachsenden Bereich der Minijobs mit der neuen Grenze von 603 Euro ab 2026. Andere kämpfen mit Sprachbarrieren und der Anerkennung ihrer Qualifikationen.
Wie geht es weiter?
Die Zukunft des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan ist ungewiss. Die neue Bundesregierung hat klare Signale gesendet, dass sie keine weiteren Aufnahmen plant. Gleichzeitig bestehen rechtliche und moralische Verpflichtungen gegenüber Menschen, die bereits eine Zusage erhalten haben.
Der Deutsche Bundestag wird sich in den kommenden Monaten mit der Thematik befassen müssen. Mehrere Oppositionsparteien haben Anfragen zur Situation der wartenden Afghanen gestellt.
Die Debatte um die Aufnahme von Afghanen zeigt exemplarisch die Spannungen in der deutschen Migrationspolitik. Zwischen humanitärer Verantwortung und politischem Kurswechsel stehen Tausende Menschen, deren Schicksal in der Schwebe hängt.
Häufige Fragen zum Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan
Wie viele Afghanen sind über das Bundesaufnahmeprogramm nach Deutschland gekommen?
Seit Oktober 2022 sind über 35.500 Afghanen nach Deutschland eingereist. Davon kamen mehr als 20.600 als ehemalige Ortskräfte und etwa 14.900 als besonders gefährdete Personen. Insgesamt wurden rund 48.000 Aufnahmezusagen erteilt.
Ist das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan gestoppt?
Ja, das Programm ist faktisch beendet. Seit Juli 2024 werden keine neuen Aufnahmezusagen mehr erteilt. Seit Mai 2025 sind auch keine Einreisen mehr möglich. Die neue Bundesregierung plant, alle freiwilligen Aufnahmeprogramme zu beenden.
Was passiert mit Afghanen, die bereits eine Aufnahmezusage haben?
Etwa 12.500 Personen warten noch auf ihre Einreise, obwohl sie bereits eine Aufnahmezusage besitzen. Viele befinden sich in Pakistan, wo ihre temporären Visa am 31. März 2025 auslaufen. Die weitere Bearbeitung ihrer Fälle ist derzeit unklar.
Wer gilt als Ortskraft der Bundeswehr in Afghanistan?
Als Ortskräfte gelten Afghanen, die für deutsche Institutionen wie die Bundeswehr, die GIZ oder deutsche Botschaften gearbeitet haben. Dazu zählen Dolmetscher, Fahrer, Sicherheitspersonal und Verwaltungsmitarbeiter. Sie und ihre Familien sind nach der Taliban-Machtübernahme besonders gefährdet.
Welche Kosten verursacht das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan?
Die genauen Kosten sind nicht öffentlich beziffert. Schätzungen gehen von mehreren hundert Millionen Euro aus. Hinzu kommen die Kosten für humanitäre Hilfe in Afghanistan selbst, die 2024 bei rund 600 Millionen Euro lagen.












