Das Bürgergeld wird 2026 zur „Neuen Grundsicherung“ umgebaut. Union und SPD haben sich auf strengere Sanktionen, den Wegfall der Karenzzeit und härtere Vermögensprüfungen geeinigt. Hier erfährst du alle geplanten Änderungen, Regelsätze und was auf Empfänger zukommt.
📖 Lesezeit: 7 Minuten | Zuletzt aktualisiert: 14. Dezember 2025
Bürgergeld-Reform 2026: Das Wichtigste im Überblick
Die schwarz-rote Koalition plant einen tiefgreifenden Umbau der sozialen Sicherung. Das Bürgergeld wird ab 2026 zur „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ – mit verschärften Regeln, strengeren Sanktionen und weniger Schonvermögen.
| Aspekt | Bürgergeld (aktuell) | Neue Grundsicherung (ab 2026) |
|---|---|---|
| Name | Bürgergeld | Grundsicherung für Arbeitsuchende |
| Regelsatz (Alleinstehend) | 563 Euro | 563 Euro (Nullrunde) |
| Karenzzeit Vermögen | 40.000 Euro (1. Jahr) | Entfällt komplett |
| Karenzzeit Miete | 1 Jahr volle Übernahme | Sofortige Angemessenheitsprüfung |
| Sanktionen | Max. 30% Kürzung | Bis zu 100% möglich |
| Starttermin | Januar 2023 | Voraussichtlich Juli/August 2026 |
Was ändert sich mit der Neuen Grundsicherung?
Am 9. Oktober 2025 stellte der Koalitionsausschuss die Pläne für die Reform vor. Ein erster Gesetzentwurf liegt seit November 2025 vor. Die wichtigsten Änderungen im Detail:
1. Verschärfte Sanktionen
Die Sanktionsregeln werden deutlich härter. Wer Termine beim Jobcenter versäumt oder zumutbare Arbeit ablehnt, muss mit empfindlichen Kürzungen rechnen:
- Erstes Versäumnis: 30% Kürzung des Regelsatzes
- Zweites Versäumnis: Weiterer Leistungsentzug
- Drittes Versäumnis: Komplette Streichung der Geldleistung
- Viertes Versäumnis: Auch Unterkunftskosten werden gestrichen (außer bei Härtefällen)
⚠️ Wichtig: Bei vollständiger Streichung soll ein symbolischer Betrag von 1 Euro monatlich bewilligt werden – damit die Kranken- und Pflegeversicherung weitergezahlt wird. Der Lebensunterhalt bleibt jedoch ungesichert.
2. Wegfall der Karenzzeiten
Die 2023 eingeführten Karenzzeiten werden komplett abgeschafft:
Vermögen:
- Bisher: 40.000 Euro Schonvermögen im ersten Jahr
- Neu: Sofortige Vermögensprüfung ab Tag 1
- Schonvermögen wird an Lebensleistung (Alter, Beitragszeiten) gekoppelt
Wohnkosten:
- Bisher: Volle Mietübernahme im ersten Jahr
- Neu: Sofortige Angemessenheitsprüfung
- Nur noch das 1,5-fache der lokalen Angemessenheitsgrenze wird übernommen
3. Vermittlungsvorrang statt Qualifizierung
Der Grundsatz ändert sich fundamental: „Wer arbeiten kann, soll dies tun“ – unabhängig von der Qualität der Beschäftigung. Die bisherige Priorisierung nachhaltiger Qualifizierungen wird zurückgedrängt.
- Schnelle Vermittlung in Arbeit hat Vorrang
- Qualifizierungsmaßnahmen nur noch bei „Vermittlungshemmnissen“
- Verpflichtendes Erstgespräch beim Jobcenter
- Kooperationsplan mit Rechten und Pflichten
Regelsätze 2025 und 2026: Nullrunde bestätigt
Die Regelsätze bleiben auch 2026 unverändert – es ist die zweite Nullrunde in Folge. Das Bundeskabinett hat dies am 10. September 2025 beschlossen.
| Regelbedarfsstufe | Personengruppe | Betrag 2025/2026 |
|---|---|---|
| Stufe 1 | Alleinstehende | 563 Euro |
| Stufe 2 | Partner in Bedarfsgemeinschaft | 506 Euro |
| Stufe 3 | Volljährige (18-24) im Elternhaus | 451 Euro |
| Stufe 4 | Jugendliche (14-17 Jahre) | 471 Euro |
| Stufe 5 | Kinder (6-13 Jahre) | 390 Euro |
| Stufe 6 | Kinder (0-5 Jahre) | 357 Euro |
Warum keine Erhöhung? Die Regelsätze wurden 2023 und 2024 inflationsbedingt stark erhöht. Da die Inflation weniger stark gestiegen ist als angenommen, liegen die aktuellen Sätze noch über den neu berechneten Beträgen. Rechnerisch müssten die Leistungen sogar sinken – das wird jedoch durch eine Besitzschutzregelung verhindert.
Neue Regeln bei Wohnkosten
Die Übernahme der Unterkunftskosten wird strenger geregelt. Ziel: Die rund 20 Milliarden Euro, die jährlich in die Finanzierung von Wohnkosten fließen, sollen reduziert werden.
Geplante Änderungen:
- Sofortige Angemessenheitsprüfung ab Antragstellung
- Übernahme nur noch bis zum 1,5-fachen der lokalen Angemessenheitsgrenze
- Kontrolle der Mietpreisbremse durch Jobcenter
- Mögliche Einführung einer „Quadratmeterhöchstmiete“
💡 Hintergrund: Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will mit einer „Quadratmeterhöchstmiete“ gegen Sozialmissbrauch vorgehen. Kriminelle Banden kaufen Schrottimmobilien und vermieten sie zu überhöhten Preisen an Bürgergeld-Empfänger.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Die geplanten Sanktionen stoßen auf verfassungsrechtliche Kritik. Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 entschieden:
- Kürzungen nur bis maximal 30% des Regelbedarfs zulässig
- Vollständige Streichung verstößt gegen das Grundrecht auf menschenwürdiges Existenzminimum
- Sanktionen müssen verhältnismäßig sein
Prof. Dr. Gerhard Kilz von der Katholischen Hochschule NRW kritisiert: Die geplante vollständige Streichung könnte gegen Artikel 1 (Menschenwürde) und Artikel 20 (Sozialstaatsprinzip) des Grundgesetzes verstoßen.
Zahlen und Fakten zum Bürgergeld
| Kennzahl | Wert |
|---|---|
| Empfänger gesamt | ca. 5,5 Millionen Menschen |
| Erwerbsfähige | ca. 3,97 Millionen |
| Dem Arbeitsmarkt verfügbar | ca. 2,7 Millionen |
| Gesamtkosten 2024 | 46,9 Milliarden Euro |
| Davon Unterkunftskosten | ca. 20 Milliarden Euro |
| Absatzeinbruch in Europa | -7,5% |
Wichtig: Von den rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfängern stehen etwa 2,7 Millionen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung – weil sie in Ausbildung sind, Kinder betreuen oder gesundheitliche Einschränkungen haben.
Kritik an der Reform
Die Pläne der Koalition stoßen auf Widerstand:
Gewerkschaften: Ver.di-Vorsitzender Frank Werneke kritisiert: „Die Verabredungen zur sogenannten neuen Grundsicherung verschärfen die Lage für viele Menschen.“
Sozialverbände: Eine Studie des Vereins Sanktionsfrei e.V. zeigt:
- Nur 50% der Haushalte mit Bürgergeld können sich ausreichend ernähren
- Viele Eltern verzichten zugunsten ihrer Kinder auf Mahlzeiten
- Die Mehrheit hält sich an die Regeln
SPD-Basis: In der SPD regt sich Widerstand gegen die Reform. Ein Mitgliederbegehren gegen die verschärften Sanktionen wird diskutiert.
Bertelsmann Stiftung: Experten fordern statt Kürzungen bessere Anreize: „Mehrarbeit lohnt sich oft nicht. Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag sollten so zusammengeführt werden, dass zusätzliches Arbeitseinkommen nicht mehr fast vollständig vom Leistungsanspruch abgezogen wird.“
Wann kommt die Neue Grundsicherung?
Der genaue Starttermin steht noch nicht fest. Nach aktuellem Stand:
- Gesetzentwurf: Liegt seit November 2025 vor
- Parlamentarisches Verfahren: Läuft derzeit
- Wahrscheinlicher Start: 1. Juli oder 1. August 2026
—
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die Neue Grundsicherung?
Wie hoch ist das Bürgergeld 2026?
Was passiert mit der Karenzzeit?
Können Sanktionen wirklich 100% betragen?
Wann tritt die Reform in Kraft?
Lohnt sich Arbeiten mehr als Bürgergeld?
Fazit: Was bedeutet die Reform für Betroffene?
Die Bürgergeld-Reform markiert einen deutlichen Kurswechsel in der Sozialpolitik. Das System wird von „Fördern und Fordern“ stärker in Richtung „Fordern“ verschoben:
- Keine Erhöhung: Die Regelsätze bleiben 2026 unverändert
- Weniger Schutz: Karenzzeiten für Vermögen und Miete entfallen
- Härtere Sanktionen: Kürzungen bis zu 100% möglich
- Schnellere Vermittlung: Arbeit geht vor Qualifizierung
Ob die Reform verfassungskonform ist, wird die Rechtsprechung klären müssen. Kritiker sprechen bereits von einer „Rückkehr zu Hartz IV“ – Befürworter sehen darin einen notwendigen Schritt zur Entlastung der Sozialkassen.
Für Betroffene bedeutet die Reform: Mehr Druck, weniger Spielraum, strengere Kontrollen. Wer sich frühzeitig informiert, kann jedoch seine Ansprüche besser durchsetzen.
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