Gewalt an Bahnhöfen explodiert: Die Bundespolizei registrierte im ersten Halbjahr 2025 über 14.000 Gewaltvorfälle an deutschen Bahnhöfen und in Zügen. Das sind rund 500 mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch die Waffendelikte stiegen drastisch um 37 Prozent. Die Polizeigewerkschaft warnt vor einem Sicherheitsnotstand und fordert 3.500 zusätzliche Beamte. Doch die Politik reagiert bisher nur mit Schwerpunkteinsätzen.
Aktuelle Zahlen: So gefährlich sind deutsche Bahnhöfe 2025
Die Statistik ist alarmierend. In den ersten sechs Monaten 2025 erfasste die Bundespolizei 14.047 Gewaltvorfälle an Bahnhöfen und in Zügen. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 13.543 Fälle. Das entspricht einem Anstieg von knapp vier Prozent. Die Daten stammen aus der polizeilichen Eingangsstatistik der Bundespolizei.
Besonders beunruhigend ist die Entwicklung bei den Waffendelikten. Diese stiegen von 589 auf 808 Fälle – ein Plus von 37 Prozent. Auch Sachbeschädigungen nahmen zu: von 16.786 auf 17.595 registrierte Taten. Eine Gesamtbilanz für 2025 lässt sich erst nach Ablauf des Jahres ziehen.
| Deliktart | 1. HJ 2024 | 1. HJ 2025 | Veränderung |
|---|---|---|---|
| Gewaltdelikte | 13.543 | 14.047 | +3,7% |
| Waffendelikte | 589 | 808 | +37,2% |
| Sachbeschädigungen | 16.786 | 17.595 | +4,8% |
| Messerangriffe (Züge) | 65 | 68 | +4,6% |
| Messerangriffe (Bahnhöfe) | 251 | 244 | -2,8% |
| Sexualstraftaten | ca. 360 | 349 | -3,1% |
| Eigentumsdelikte | 29.468 | 26.613 | -9,7% |
Über 3.000 Angriffe auf Bahn-Mitarbeiter
Die Gewalt trifft vor allem die Beschäftigten der Deutschen Bahn. Bahnchef Richard Lutz nannte im April 2025 erschreckende Zahlen: Rund 3.300 körperliche Übergriffe auf Bahn-Mitarbeiter wurden im Jahr 2024 registriert. Das sind knapp sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Hochgerechnet auf 2025 steuert die Bahn auf etwa 3.800 Fälle zu.
Bei rund der Hälfte der Übergriffe war das Zugpersonal im Regionalverkehr betroffen. Aber auch Reinigungskräfte, Servicekräfte am Bahnhof, Kundenberater und Busfahrer wurden angegriffen. Bahnchef Lutz kommentierte: „Jede Form von Gewalt gegen unsere Beschäftigten ist völlig inakzeptabel. Wir sind aber leider Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklungen.“
Auch Bundespolizisten geraten zunehmend ins Visier. Im Jahr 2024 wurden 10.726 Straftaten gegen Bundespolizisten registriert – fast 3.000 mehr als noch 2022. Für 2025 deutet alles auf einen neuen Höchststand hin: Hochgerechnet könnten es etwa 11.637 Übergriffe werden.
Die gefährlichsten Bahnhöfe Deutschlands
Besonders an zentralen Bahnhöfen großer Städte kommt es regelmäßig zu Gewalttaten. Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt und Düsseldorf gelten als Brennpunkte. Am Hamburger Hauptbahnhof stiegen die Sexualdelikte 2024 um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Messerstraftaten erreichten mit 23 Fällen einen Rekordwert.
In Sachsen explodierten die Zahlen geradezu. Die Gewaltdelikte an sächsischen Bahnhöfen stiegen im ersten Halbjahr 2025 um 42 Prozent. Sexualdelikte nahmen um über 15 Prozent zu, Waffendelikte sogar um fast 87 Prozent. Trauriger Spitzenreiter ist der Chemnitzer Hauptbahnhof mit einer Steigerung der Delikte um 212,5 Prozent.
Der Leipziger Hauptbahnhof verzeichnete einen Anstieg der Kriminalität um 57,2 Prozent. Am Dresdner Hauptbahnhof waren es 24,6 Prozent mehr Straftaten. Diese Entwicklung spiegelt einen bundesweiten Trend wider, der die Sicherheitskräfte an ihre Grenzen bringt.
Messerangriffe bleiben auf hohem Niveau
Die Zahl der Messerangriffe an Bahnhöfen und in Zügen bleibt besorgniserregend hoch. In den ersten sechs Monaten 2025 erfasste die Polizei 68 Messervorfälle in Zügen – drei mehr als im Vorjahreszeitraum. An Bahnhöfen ging die Zahl leicht von 251 auf 244 zurück.
Bereits 2024 hatte die Bundespolizei 639 Messerdelikte an Bahnhöfen und in Zügen registriert. Bahnhöfe gelten als Hotspots der Messergewalt. Die Polizeigewerkschaft fordert deshalb verstärkte Kontrollen und Messerverbotszonen. Seit 2024 gelten an vielen Bahnhöfen bereits verschärfte Waffenverbote.
Polizeigewerkschaft schlägt Alarm
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt eindringlich vor der Entwicklung. Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei, kritisiert den Personalmangel. Allein im bahnpolizeilichen Bereich fehlten aktuell rund 3.500 Einsatzkräfte. Nur damit könnten Dreierstreifen, präventive Präsenz und lageangepasste Kontrollen dauerhaft sichergestellt werden.
Die Schwerpunkteinsätze der Bundespolizei bezeichnet Roßkopf als „Symbolpolitik auf dem Rücken der Beschäftigten“. Für diese Einsätze würden vor allem die ohnehin schon durch Grenzeinsätze stark belasteten Kollegen der Bundesbereitschaftspolizei hinzugezogen. „Das ist, als würde man jetzt einmal das Licht anmachen. Aber danach wird es wieder dunkel.“
Die Gewerkschaft fordert neben mehr Personal auch klare rechtliche Kontrollbefugnisse für anlasslose Personenkontrollen in den Bahnhöfen sowie den Einsatz zeitgemäßer, KI-unterstützter Videotechnik.
Was die Bahn gegen die Gewalt unternimmt
Die Deutsche Bahn hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit zu erhöhen. Seit 2024 wird das Personal im Nahverkehr schrittweise mit Bodycams ausgestattet. Diese Geräte haben sich bei Sicherheitskräften und Zugpersonal bewährt. Außerdem gibt es Deeskalationstrainings für Mitarbeiter.
Der Ausbau der Videoüberwachung gilt als wichtigster Baustein. Seit Ende 2024 sind insgesamt 11.000 Kameras an rund 750 Bahnhöfen im Einsatz. In den Zügen wurden über 50.000 Kameras installiert. Rund 180 Millionen Euro wurden dafür investiert. Die Bundespolizei konnte dank der Videotechnik dreimal mehr Straftaten aufklären als noch 2019.
Mobile Unterstützungsgruppen der DB Sicherheit werden in Großstädten wie Berlin, München, Hamburg, Frankfurt und Leipzig eingesetzt. Diese speziell ausgebildeten Kräfte können schnell und gezielt reagieren. Die Bahn investiert jährlich über 200 Millionen Euro in Sicherheitsmaßnahmen.
Schwerpunkteinsätze der Bundespolizei
Im November 2025 verstärkte die Bundespolizei ihre Präsenz an gewaltbelasteten Bahnhöfen. Vom 14. bis 16. November wurden bundesweit 41 Bahnhöfe intensiv bestreift. Das Ergebnis: Mehr als 11.600 Personen wurden kontrolliert. Über 360 Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden eingeleitet.
Darunter waren rund 40 Gewaltdelikte, 140 Verstöße gegen das Waffengesetz sowie über 180 Verstöße gegen Allgemeinverfügungen zum Mitführen gefährlicher Gegenstände. Bereits im Oktober hatte es eine ähnliche Aktion gegeben, bei der über 11.000 Personen kontrolliert wurden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte bei einem Besuch am Münchner Hauptbahnhof: Die Gewaltkriminalität an Bahnhöfen sei weiterhin hoch. Häufig würden Messer und andere gefährliche Gegenstände eingesetzt. Man setze auf moderne Einsatzmittel, Videoüberwachung und digitale Ermittlungswerkzeuge.
Erfolge durch „Quattro-Streifen“
Ein Lichtblick sind die sogenannten „Quattro-Streifen“ in Hamburg und Bremen. Diese gemischten Streifen bestehen aus Beschäftigten der Bundespolizei, Landespolizei, DB Sicherheit und des lokalen ÖPNV. Die Zusammenarbeit zeigt Wirkung: In Hamburg und Bremen sank die Zahl der Gewaltdelikte 2024 um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser besuchte im Februar 2025 beide Bahnhöfe und lobte das Konzept. Das Hamburger Modell „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ mache Schule. Auch andere Großstädte wollten folgen. Selbst Wien und Zürich hätten sich die Maßnahmen vor Ort erläutern lassen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Fazit: Sicherheit an Bahnhöfen bleibt Dauerthema
Die Gewalt an Bahnhöfen explodiert – diese Einschätzung bestätigen die aktuellen Zahlen der Bundespolizei. Mit über 14.000 Gewaltvorfällen im ersten Halbjahr 2025 und einem deutlichen Anstieg bei Waffendelikten ist die Lage ernst. Die Deutsche Bahn spricht von einer „kontinuierlich sinkenden Hemmschwelle für Gewalt“.
Die Maßnahmen zeigen teilweise Wirkung: Der massive Ausbau der Videoüberwachung hilft bei der Aufklärung, die „Quattro-Streifen“ senken lokal die Gewaltdelikte. Doch die Polizeigewerkschaft warnt: Ohne mehr Personal und dauerhafte Präsenz werden die Bahnhöfe nicht sicherer. Die Politik ist gefordert, mehr als nur punktuelle Schwerpunktaktionen zu liefern.
Hinweis: Wenn Sie Zeuge einer Straftat werden, wählen Sie den Notruf 110. Die Bundespolizei ist an allen größeren Bahnhöfen mit Wachen vertreten.











